Noch habe ich keine Romane veröffentlicht, doch ruhen hier einige fast fertige. Alle sind mir ans Herz gewachsen und von Zeit zu Zeit arbeite ich an einem Text mehr. So stehen drei Projekte kurz vor der Veröffentlichung und zwei sehr persönliche Geschichten, die eine Reihe ergeben werden, sind fertig geplant und zur Hälfte geschrieben. Ein Band aus Kurzgeschichten, die alle miteinander zusammenhängen, ist geplottet und teilweise geschrieben. 

 

  • Urban Fantasy, Götter-Romance 
  • Ein Liebesroman mit Stalking-Anteilen und der Frage: Fremdgehen - ja oder nein?
  • Mehrere Kurzgeschichten, die doch miteinander verwoben sind (ein bisschen wie bei Tatsächlich Liebe - einer meiner Lieblingsfilme)
  • Entwicklungsroman in zwei Bänden
  • (tragische) Romanze, die in Irland spielt

Entscheidungen fällen gehört nicht zu meinen Stärken. Mal sehen, welche Geschichte den Anfang machen wird.


Die folgende Geschichte ist angelehnt an den Prolog zum ersten Teil des Entwicklungsromans, in dem eine junge Frau - nicht Clara - von der grauen Maus zur selbstbewussten Frau heranreift.

Foto: Daniela Mertens
Foto: Daniela Mertens

Claras Melodie

 

Die Göttin stand auf einer Anhöhe hoch über dem menschenüberlaufenen Strand. Ihr weißes Gewand und ihr blondes Haar wehten im Frühlingswind. Hier hatte sie einst zum ersten Mal Land betreten.

Sie liebte diese Insel. Sie liebte die Menschen, die sich von der Liebe an diesen Ort leiten ließen. Aphrodite lächelte zufrieden und schloss ihre Augen, um den Seelenmelodien der Menschen zu lauschen.

Eine gefiel ihr besonders. Melancholisch und voller Selbstzweifel, und doch hell und klar - und hoffnungsvoll. Diese junge Seele hielt sich für nicht liebenswert und unattraktiv.

Aphrodite betrachtete sie. Clara, süße 19. Eine Busrundreise hatte sie und ihre Eltern hierher geführt. Rote Locken umspielten ihr schmales Gesicht. Strahlend grüne Augen blickten auf der Suche nach sich selbst in die weite Welt hinaus. Sie versteckte sich hinter ihrer unnahbaren Fassade und wirkte ungewollt geheimnisvoll und anziehend. Doch davon ahnte sie nichts. Ein federleichtes Kleid aus weißer Baumwolle mit unzähligen Blüten aller Regenbogenfarben darauf umschmeichelte ihre weiblichen Rundungen.

Clara streifte die silbernen Flip-Flops ab, erspürte die warmen Steine des Strandes mit ihren Fußsohlen. Sie blieb hinter der Wellenlinie zurück, als habe sie Angst vor der Berührung des Wassers - als habe sie Angst vor dem Leben.

Aphrodites Herz füllte sich mit Liebe für diese einsame Seele. Sie lächelte und ließ die Wellen durch die Kraft ihrer Gedanken einen Meter weiter über die bunten Kiesel gleiten. Weißer Schaum umspülte Claras Füße. Sie sprang erschrocken zurück.

Die Göttin schwebte unsichtbar wie der Wind von ihrem Hügel herab und stellte sich neben die junge Frau. Ihr Flüstern klang für Clara wie der warme Frühlingswind. Doch ihr Unterbewusstsein nahm die Botschaft darin wahr. »Hab keine Angst vor dem Leben, keine Angst vor der Liebe. Sei mutig. Sei du selbst. Du bist wunderschön und wundervoll. Vergiss das nie.«

Ein zarter Windhauch streichelte Claras Wange wie eine mütterliche Hand. Mutig setzte sie ihre Füße einen Schritt nach vorn. Eine sanfte Welle begrüßte sie. Ihre Zehen gruben sich in den grobkörnigen Sand. Das Wasser gab ihre Füße frei und ein herzförmiger Stein glitzerte im Sonnenlicht zwischen ihren großen Zehen. Sie hob ihn auf und schloss die Augen. Wärme durchströmte ihren Körper. Aus ihr erwuchs ein Gedanke. Eine Erkenntnis. Ja, sie war etwas Besonderes. Und sie war kein kleines Mädchen mehr, sondern eine Frau mit Gefühlen und Bedürfnissen. Liebenswert. Begehrenswert. Sie drehte sich um zu dem jungen Mann, nicht viel älter als sie, mit den blonden Wuschelhaaren und der nerdigen Brille. Er suchte seit drei Tagen ihre Nähe. Zum ersten Mal schaute sie in seine blauen Augen und schenkte ihm ein Lächeln. Er lächelte zurück und Clara spürte etwas, das sie bisher noch nicht gekannt hatte. Vielleicht war er der Eine. Vielleicht war er nur eine Station auf ihrem Weg zur großen Liebe. Wie sollte sie das jemals erfahren, wenn sie sich nicht einfach in die Wellen des Lebens stürzte?

     Aphrodite folgte dem Blick der jungen Frau. »Gut so, Clara«, hauchte sie und schwebte über das Meer davon. 


Dieser Text stammt aus einem Roman, in dem es um eine tragische Liebe geht, die unerfüllt bleibt und deshalb niemals enden kann.

Der Vorabend ihrer Hochzeit

 

Zwei Minuten. Mehr Zeit war nicht vergangen, seit Jana das letzte Mal auf die Küchenuhr ihrer Eltern geschaut hatte. 22:18 Uhr. Der Minutenzeiger zog den Stundenzeiger eben eine Minute weiter. Die Zeit floss so zäh über das Katzenbild wie der Kuchenteig in der Schüssel vor ihr vom Schneebesen. Was hatte sie erwartet? Dass er anruft und bettelt: „Heirate ihn nicht!“?

Vor vier Monaten hatte sie ihm die Einladung geschickt, obwohl sie wusste, dass es ihm das Herz zerreißen musste. Oder gerade deshalb? Sie schnaufte verächtlich. Er war ja selbst schuld. Schließlich hatte er sie vor vier Jahren für seinen Job verlassen. „Tut mir leid, im Moment spielst du nur die zweite Geige“, hatte er geraunt, als sie am Vorabend seiner Abreise den vorläufig letzten gemeinsamen Abend im stockfinsteren Park auf der Rückbank ihres Autos saßen. Zweite Geige. Pah! Wie sie Geigen hasste.

Die Diode ihres Handys blieb stumm. Keine neuen Nachrichten. Seit vier Monaten keine von ihm. Warum? Von allen kam eine Rückmeldung. Von Chris nicht.

Dass er sich so lange nicht meldete, war in ihren Augen ein klares Zeichen dafür, dass er die Einladung verleugnete, weil sie ihn zutiefst getroffen hatte. Mitleid hatte sie keines.

Jana füllte den Teig in die Springform, nahm den fertigen Tortenboden aus dem Ofen und stellte den neuen hinein. Dann schnappte sie ihre weiße Strickjacke, trat auf die dunkle Terrasse und schob die Tür hinter sich zu. Tausende Sterne funkelten in dieser Augustnacht am Himmel. Ein kühler Windhauch bog um die Hauswand, als wäre er ein spazierengehender Geist, und ließ sie frösteln. Schnell zog sie die Jacke enger an ihr einfaches weißes Shirt und verschränkte die Arme vor der Brust.

Die Terrassentür glitt einen Spalt weit auf. Ihre kleine Schwester reichte ihr Handy heraus und sagte bedeutungsschwanger: „Es ist Chris. Wuhuu.“ Die Tür fiel ins Schloss und Jana war wieder allein. Sie starrte auf das Batman-singende Telefon. Sollte sie rangehen? Für zwei Sekunden schloss sie die Augen. Zwei Sekunden, die Gedanken enthielten, die für mehrere Stunden gereicht hätten. Sie atmete tief durch und wischte den Hörer-Button nach rechts auf das grüne Symbol. „Hallo.“

Schweigen am anderen Ende. Ein leiser Seufzer. „Hey, schön dich zu hören.“

Seine Stimme traf sie mitten ins Herz. Dieses überwältigende Gefühl beendete sie jäh mit einem Kopfschütteln. Du hättest mich die ganzen verdammten letzten vier Monate hören können, wenn du mal angerufen hättest, dachte sie, sagte aber: „Und, willst du nach dem Weg für morgen fragen?“

Sie vernahm sein leises Atmen. Dann, wie er den Rauch seiner Zigarette aushauchte. Für einen Moment wartete sie noch auf eine Antwort. Der nächste Zigarettenzug folgte. Warum antwortete er denn nicht? Ja, Geduld hatte sie genau deshalb durch ihn gelernt. Heute stellte er sie wieder auf die Probe. Blödmann. Ein weiterer mit Rauch gefüllter Atemzug von ihm.

„Chris?“

Er räusperte sich. Klar, er wollte Zeit schinden. Du bist so ein durchschaubares armes Würstchen. Sie rollte mit den Augen. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Gleich antwortete er, dass er morgen keine Zeit habe, so ganz kurzfristig. Sie stemmte die freie Hand in die Hüfte und wartete geduldig auf das Offensichtliche.

„Welcher Weg?“

Welcher Weg? Warum stellt er sich so dumm? „Na, zu meiner Hochzeit.“ Ihre Stimme hob sich am Ende zu einem leichten Kreischen. Jana schloss die Augen. Sie musste unbedingt darauf achten, dass ihr das nicht wieder passierte.

Er zog in aller Seelenruhe an seiner Zigarette. „Du heiratest morgen?“ Erst jetzt atmete er wieder aus. In seiner Stimme lag ein Zittern.

Daher wehte also der Wind. Jana unterdrückte ein Grinsen, denn das hätte er durch das Telefon gehört. Sie schluckte kurz und fragte mit gespielter Verwunderung: „Hast du die Einladung nicht bekommen?“

„Nein.“

Die Antwort kam schnell. Das kaufte sie ihm aber nicht ab. Keine Einladung bekommen, aber ausgerechnet heute rief er an? Sie atmete durch und zog mit den Fingern ihre Mundwinkel nach unten, um nicht lauthals loszulachen. Aha, auf diese Weise versuchte er also, sich vor der Hochzeit zu drücken. „Schade. Aber nicht zu ändern“, sagte sie so gleichgültig wie möglich und zuckte mit den Schultern, auch wenn er das gar nicht sehen konnte.

„Na dann wünsche ich dir morgen einen schönen Tag und grüß deine beiden Jungs von mir.“

„Danke. Ich grüße gern meinen Mann und meinen Sohn von dir.“ Das würde sie natürlich nicht.

Der linke Haken mit der Aufschrift MANN hatte hoffentlich gesessen, auch wenn er sich nichts anmerken ließ. Plötzlich hatte er es sehr eilig. „Na dann, bis bald.“

„Warte!“, rief sie lauter als gewollt. Eine Antwort war er ihr noch schuldig. Eine, mit der er sich vielleicht outet. „Warum hast du eigentlich angerufen?“

Sie hörte, wie er herauszögernd an der Zigarette zog, konnte den Rauch fast riechen. Einmal, zweimal. „Ach, nicht so wichtig. Bis dann.“ Ein leises Klicken erklang, gefolgt von monotonem tut-tut-tut.

Gut, er wollte also nicht dabei sein und heulend zusammenbrechen, wenn sie feierlich Ja sagt. Ein Anflug von Enttäuschung machte sich in ihrem Herzen breit. Wie oft hatte sie sich ausgemalt, dass er sie anflehen würde, nicht zu heiraten und doch auf ihn zu warten. Eigentlich liebte sie ihn noch immer, aber er wollte sie nicht. Warum aber hatte er ihr in den letzten Jahren immer wieder gesagt, dass sie seine große Liebe sei? Oder war dieser Anruf nur ein Ablenkungsmanöver für seinen eigentlichen Plan? Wollte er die Braut entführen?

Ebenso aus diesem Roman der folgende Auszug:

Foto: D. Mertens Allein am Gleis, Hauptbahnhof Dresden
Foto: D. Mertens Allein am Gleis, Hauptbahnhof Dresden

Es gab keine schöneren Morgen als die, an denen sie neben ihm aufwachte. Vielleicht, weil es Liebe war. Vielleicht auch, weil diese Tage viel zu selten vorkamen.

Für eine Weile atmete sie seinen Herzschlag ein, fühlte seinen Duft tief in sich drin, roch den Anblick seiner im Traum zuckenden Augen und Muskeln. Alles auf einmal. Alles vermischt. Konfus. Chaotisch, so wie ihr Leben. Der Moment als ewige Erinnerung. Immer mit dem Gedanken, es könnte das letzte Mal sein. Manchmal auch mit dem Willen, dies müsse das letzte Mal sein. Bis seine Stimme am Telefon wieder alte Wunden aufriss und sie all ihre guten Vorsätze vergessen ließ.

Er schlug seine Augen auf, schaute direkt in ihre, lächelte sanft mit seinen zartrosa Lippen. Sie liebte seine Grübchen, die Lachfalten an seinen Augen. Sein Mund kam näher, schenkte ihr Wärme und Nähe. Ja, auch Geborgenheit, zumindest für diesen Moment. Ein Moment, der gleich vorbei sein würde, denn er musste los, war spät dran. Wie immer würde er sie allein zurücklassen.

„Hey Prinzessin. Gut geschlafen?“

Sie lächelte nur, denn eine Bitte brannte auf ihrer Seele. Sie strich durch sein weiches Haar, das wieder so lang gewachsen war, dass es sich wellte. „Könntest du …?“ Sie schloss die Augen. War es denn so schwer, diese einfache Frage zu stellen? Ihr Herz schlug, als wollte sie etwas Unmögliches von ihm. Sie spürte seine warme Hand auf ihrer nackten Schulter, seinen Mund an ihrem Ohr. Sein „Ja?“ war mehr ein Hauch als ein Wort.

Sie brauchte all ihren Mut für diese Bitte, denn sie kannte seine Antwort bereits. Es war immer die gleiche. Dennoch versuchte sie es. Wieder und wieder. „Kannst du mich heute zum Zug bringen?“

Seine Lippen zupften sanft an ihrem Ohrläppchen, küssten sich an ihrem Hals entlang bis hin zu ihrem Mund, berührten ihn fast. „Du weißt, dass ich das nicht kann“, raunte er und löschte den Funken Hoffnung in ihr.

Sie hatte sich bisher immer damit zufriedengegeben, heute wollte sie eine Erklärung, denn die, die sie sich selbst dachte, tat von Mal zu Mal mehr weh. „Weil wir dann zusammen gesehen werden?“

„Nein.“

Das kam unerwartet. Sie blickte ihm tief in die Augen, versuchte ein Lächeln. „Warum dann?“

Er schloss seine Lider wie das Zugtor einer Burg, in der Hoffnung, dass nichts mehr hindurchdringen würde. Doch eine Träne schaffte es und bildete einen kleinen See zwischen Augenwinkel und Nasenflügel. Sie spürte seinen polternden Herzschlag, hörte den tiefen Seufzer. Und sie nahm seine Antwort wahr, die ihr Herz und ihren Atem für einen Augenblick aussetzen ließ: „Es tut so weh, wenn du in den Zug steigst und wieder zu ihm zurückfährst.“