Im Jahr 2022 beschloss unsere Autorengruppe Autoren Sternzeit einen Kalender mit 100-Wort-Geschichten herauszubringen, allerdings nur für die Mitglieder unserer Gruppe als Geschenke für unsere Lieben. Thema war: Mords-Drabble.

 

Drabble, das ist das Fachwort für solche Geschichten, die aus genau 100 Wörtern bestehen müssen und eine Pointe enthalten sollten.

 

Mein Drabble könnt ihr auf dem Foto lesen.


Bei den Übungen der Autoren Sternzeit Gruppe habe ich meine Liebe für Thrill wiederentdeckt. Bei einer Instagram-Challenge war dann das Thema "Fasching". Während ich mir einen Kaffee kochte, lief Musik im Radio. Vielleicht war sie es, vielleicht war es der Kaffeeduft - jedenfalls ploppten die ersten Wörter dieser Geschichte in mir auf und ich konnte gar nicht schnell genug schreiben. Viel Spaß beim Lesen.


Der Text in den folgenden Bildern entstand nach einer Vorgabe bei einer Challenge auf Instagram. Es hat so viel Spaß gemacht, ihn zu schreiben. Fehler jeder Art sind gewollt. 


Was wäre, wenn die Welt nur noch aus Sand bestünde?

 

Die Natur saß im Schaukelstuhl auf der Terrasse einer verlassenen Blockhütte mitten im Nirgendwo. Um sie herum nur sie selbst. Ausgebreitet in unzähligen Steinen – Sand und Felsen überall. All ihre Farben konnte sie ausleben, nur nicht Blau und Grün.

Sie hatte sich erholen wollen, doch nun langweilte sie sich. Sie vermisste das bunte Leben, Pflanzen, Tiere, ja sogar die Menschen. Doch ohne Wasser konnte kein Leben existieren. Also schloss sie die Himmelstore auf und ließ es tagelang regnen, bis sich die Ozeane wieder gefüllt hatten und neues Leben entstehen konnte. Ein Neuanfang.


Und noch eine Geschichte, die nach Themenvorgabe auf Instagram entstand.


Torschlusspanik

 

Wie jeden Morgen seit drei Jahren stand sie auf dieser Seite der Straße an der Bushaltestelle – er auf der anderen. Gleich würde sein Bus einfahren, er einsteigen und wegfahren. Doch heute sollte sich alles ändern. Sie ging zur Ampel, wartete kurz und überquerte die Straße. Ihr Herz schlug bis zum Hals und ihr Brustkorb hob und senkte sich unter ihren oberflächlichen Atemzügen in rasendem Tempo. Sie atmete tief durch, trat an ihn heran und nahm all ihren Mut zusammen. Wann, wenn nicht heute, an ihrem letzten Tag an dieser Haltestelle?

„Hallo. Kannst du mir mal bitte sagen, wie spät es ist?“ Was für eine blöde Frage, dachte sie, doch er lächelte und antwortete. Sein Bus fuhr ein und sie folgte ihm – in die falsche Richtung.


Fabrice, gemalt von mir, als ich 16 war (besser malen kann ich auch heute noch nicht)
Fabrice, gemalt von mir, als ich 16 war (besser malen kann ich auch heute noch nicht)

Mit den Händen sehen

 

(zur Erklärung: Fabrice und Karine sind die Figuren aus einem Roman, den ich mit 16 zu schreiben begann. Fabrice ist ein Jahr zuvor nach einem Unfall erblindet, hadert mit seinem Leben und ist spontan nach Südfrankreich gegangen, hat sich eine abgelegene einfache Hütte gekauft und lebt dort zurückgezogen, bis er Karine, die Tochter reicher Reeder trifft.)

 

Fabrice tauchte seine Hände in die Schüssel mit kaltem Wasser und strich über den feuchten Ton. Der Kies vor seiner Hütte fernab des Dorfes knirschte und ein zaghaftes Klopfen kündigte Besuch an. Er wischte seine Hände ab und legte das Tuch über sein Werk. Karine sollte es noch nicht sehen.

Ohne Aufforderung trat sie ein. „Hallo."

Ihre Aura wärmte ihn und das Kribbeln in seinem Bauch ließ ihn die Lider schließen. „Komm herein. Setz dich.“

Ihr blumig-süßer Duft verteilte sich mit jedem Schritt im Raum. Unter ihren nackten Füßen knarrten die Dielen. Für einen Augenblick strich der Saum ihres Rockes über seine Wade. Sie schob die Kaffeetassen beiseite und legte wortlos eine Papiertüte auf den selbstgebauten Kiefernholztisch. Heute duftete es nach Zimtschnecken.

Wie jeden Tag nahm Karine auf dem einzigen Stuhl in der Blockhütte Platz. Der Stoff ihrer Kleidung raschelte leise, als sie ihre Hände zum Hinterkopf streckte, um ihre Haare mit dem samtenen Haargummi zusammenzubinden, das nach ihrem Shampoo roch.

„Ich bin bereit, Fabrice“, säuselte sie.

Sein Name aus ihrem Mund wirkte wie Sirenengesang. Er hockte sich vor sie und atmete ihren Duft ein. Seine Handflächen umschlossen ihre Wangen und seine Daumen begaben sich auf Wanderschaft über ihr Gesicht. Über die fein geschwungenen Nasenflügel, den weichen Knorpel auf ihrer Nasenspitze, weiter über den Nasenrücken bis zu ihren mandelförmigen Augen. Seine Daumen tasteten sich wieder abwärts bis hin zu ihren Lippen, die ewig lächelten.

„Wann bist du fertig mit der Büste, Fabrice? Ich möchte sie endlich sehen.“

Die Frage traf ihn mitten ins Herz. Niemals, dachte er. Doch heute wollte er ehrlich sein. „Wenn du nicht mehr als mein Model zu mir kommst, sondern wegen mir, Karine.“

Ihre Hände legten sich an seine Wangen. „Also heute.“


Auch Fluchen muss mal sein – das befreit (probiert´s mal 😉)

 

Aaaaaaah! Verdammte Kacke! Warum müssen diese Affenärsche ausgerechnet in so einer heißen Nacht ihre scheiß Party mit dieser scheiß lauten Musik feiern?! Wie ein wilder Tiger renne ich auf der Suche nach einem ruhigen Platz zum Schlafen durch die Wohnung. Es gibt keinen. Scheiße, verdammte! Die können so froh sein, dass ich kein Tiger bin, sonst wären sie nur noch Fleisch.

„Haltet doch endlich eure blöde Klappe, ihr Idioten!“

„Warum schreist du das nicht mal aus dem Fenster?“, murmelt Jochen unter seinem Kissen.

Warum bleibt der so gelassen? Ist der taub? „Hörst du den Krach nicht?“, krächze ich. Mein Kopf platzt gleich.

„Mach doch einfach das Fenster zu, Schatz, und leg dich hin. Ignorier das einfach.“

Wie kann der nur so ruhig bleiben? „Hallo!? Warum soll ICH das Fenster zumachen und ersticken? Soll denen doch ihre bekloppte Musik in die Ohren fahren und ihre Quadratarschlochköpfe explodieren lassen!“

Von Jochen vernehme ich nur noch ein leises Brummen. Ich schließe das Fenster, gehe ins Wohnzimmer, schalte den Deckenventilator an, stecke meine Kopfhörer in die Ohren und schlafe auf dem Sofa. Soll er doch allein diese scheiß Musik ignorieren! Pünktlich morgen früh um 6 klingle ich diese Idioten aus dem Bett, wenn ich zur Arbeit muss!