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Wissenschaftlich schreiben

Jede Textart hat ihre eigenen Regeln. Manche gelten für alle. Andere können durchaus unterschiedlich ausfallen, je nach dem, was erreicht werden soll. Für wissenschaftliche Arbeiten gelten dabei ganz spezielle Richtlinien.

 

Natürlich hat jede Universität, jede Fachhochschule, jede Fakultät, jede Fachrichtung, ja sogar jeder Dozent seine ganz eigenen Vorlieben. Das kann die Zitierweise betreffen, aber auch den Gebrauch des Konjunktivs für Paraphrasen. Darüber sollte sich jeder Studierende gut informieren.

Einigkeit besteht allerdings darin, wie der Schreibstil einer wissenschaftlichen Arbeit auszusehen hat.

 

 

Bild: Lektorat Daniela Mertens - Fehlerfrei für alle!
Bild: Lektorat Daniela Mertens - Fehlerfrei für alle!

Fehlerfreiheit für alle!

 

Was klingt wie ein Werbeslogan oder das Statement auf einem Demonstrationsschild, ist eine Forderung, die jedem einleuchtet. Egal welche Art von Text Du schreibst, korrekte Rechtschreibung und Grammatik gehören dazu. Das erklärt sich von selbst. Zu viele Fehler wirken  unprofessionell und oberflächlich. Nicht selten unterstellt der Leser dem Autor unbewusst,  mit ebenso wenig Sorgfalt am Text gearbeitet zu haben. Auch Satzzeichen sollten richtig gesetzt und angemessen benutzt werden. Bei einer wissenschaftlichen Arbeit kann das schon mal ausschlaggebend für die Abschlussnote sein.

 

à Korrekte Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung.

 

 

Immer im Fluss – Der rote Faden

 

Ein weiteres ungeschriebenes Gesetz beim Erstellen von Texten jeder Art besteht darin, den Lesefluss zu erhalten. Der kann einerseits durch einen komplizierten Schreibstil, durch Wortfehlstellungen im Satz und durch missverständliches/doppeldeutiges Formulieren gestört werden. Andererseits brechen Leser ab, wenn sie durch Gedankensprünge oder gar Themenwechsel aus dem Text gerissen und zum Nachdenken angeregt werden. Deshalb sollte sich ein roter Faden durch die gesamte Arbeit ziehen und logisch verfolgbar sein. Der Leser gleitet durch den Text, als säße er in einem Boot, das über einen sanft fließenden Fluss treibt. Unser Boot würde an Felsen und schwimmenden Baumstämmen hängen bleiben. Wahllos eingeworfene, zusammenhanglose Gedanken sind solche Fremdkörper, die das Boot mindestens bremsen, uns zum Nachdenken und zu Handlungen fernab des Textes zwingen. Ein plötzlicher Themenwechsel käme einer Stromschnelle gleich oder – noch schlimmer – einem Wasserfall. Aus Stromschnellen gehen wir verwirrt hervor, müssen uns erst wieder sortieren. Wasserfälle können sogar das Aus bedeuten.

 

à Gedankensprünge und Themenwechsel unbedingt vermeiden!

 

 

Bild: Lektorat Daniela Mertens - Im Lesefluss
Bild: Lektorat Daniela Mertens - Im Lesefluss

Nutze die Standardsprache

 

Vermeide umgangssprachliche Begriffe und Formulierungen. Dazu gehört das kleine Wörtchen man, das sich gern in Texte einschleicht. Wenn man den Satz liest, dann fühlt man sich wie in einer Unterhaltung unter Kumpels. Wie, ich habe gerade selbst man benutzt? Ja klar, zu Demonstrationszwecken. Solche Sätze können gut umformuliert werden. Wer den Satz mit man liest, der fühlt sich wie in einer Unterhaltung mit seinen Freunden. 

 

Zeige, dass du die Fachsprache beherrschst. Aber übertreibe es nicht mit den Fremdwörtern. Nutze sie im richtigen Kontext und in der korrekten Bedeutung. Zum einen könnte es peinlich werden, zum anderen entsteht möglicherweise ein ganz anderer Sinn, der dein Expertentum auf dem Gebiet deiner Arbeit in Frage stellt.

à Standardsprache. Keine Umgangssprache. Keine übertriebene Fachsprache.

 

  

Nominalstil oder Verbalstil? – Das ist hier die Frage

 

Zugegeben, ganz so existenziell wie die Frage nach dem Sein oder Nichtsein ist die eben gestellte nicht. Für einen Text kann das allerdings einen großen Unterschied machen. Ist er leicht zu lesen? Und um das Bild vom Boot wieder aufzugreifen: Gleiten unsere Leser über die Worte, ohne anzustoßen?

 

Im Gegensatz zu anderen Textformen sind Nominalisierungen in wissenschaftlichen Arbeiten durchaus erwünscht. Durch sie lassen sich Verschachtelungen vermeiden. Aber auch hier gilt: Weniger ist mehr. An manchen Stellen erschweren Substantivierungen den Lesefluss.

Deshalb ist es sinnvoll, gleich passende Verben zu wählen. Zum Vergleich der letzte Satz nochmal im Nominalstil: Deshalb macht es Sinn, Wert auf die Wahl der passenden Verben zu legen. Klingt schon etwas komplizierter, oder?

 

Substantivierungen helfen uns manchmal auch dabei, Zitate in Paraphrasen umzuwandeln. Das ist vor allem dann hilfreich, wenn es keine adäquaten Synonyme gibt.

 

Passiv oder Aktiv?

 

Der Nominalstil begünstigt oft passive Formulierungen. Solche Passivkonstruktionen haben in wissenschaftlichen Arbeiten aber manchmal einen Sinn. Sie ermöglichen es dem Autor, eine neutrale Haltung einzunehmen.

Doch hier ist Vorsicht geboten. Andererseits nehmen sie dem Text nämlich auch seine Lebendigkeit. Vergleichbar wäre das damit, dass unser Boot nicht mehr direkt auf dem Wasser gleitet, sondern auf einem Teppich aus Schlingpflanzen. Sie tragen es zwar weiter, machen es gleichzeitig aber schwerfällig. Unser Boot bleibt manchmal hängen. Genauso bleibt unser Leser am Text hängen. Da schließt sich der Kreis zum Lesefluss wieder. Du solltest gut abwägen, wann welcher Stil angebracht ist und welchen Nutzen er Deinem Text bringt. Halte also nicht durchgehend an einem Stil fest.

à Bevorzuge aktive Formulierungen. Nutze aber auch Passivkonstruktionen, um in manchen Formulierungen deine neutrale Haltung bewahren zu können.

 

 

Was gibt es sonst zu beachten?

 

  • Halte dich an die Fakten und bleibe sachlich.
  • Schreibe aus neutraler Sicht und nicht von dir selbst in der ICH-Form.
  • Nutze dafür Ausdrücke wie: der Autor/die Autorin, der Forscher/die Forscherin, der Ersteller/die Erstellerin dieser Arbeit.
  • Verwende keine persönlichen Wertungen (z. B. zum Glück, leider), keine Übertreibungen und keine Verallgemeinerungen (z. B. alle, nie).
  • Schreibe prägnant. Vermeide dabei Schachtelsätze. Sie bremsen unnötig den Lesefluss, weil der Leser erst im Kopf die Hierarchie der Satzteile sortieren muss. Schachtelsätze können immer umformuliert werden in einfache, verständliche Sätze. Wenn das beim Überarbeiten nicht sofort gelingen will, dann hilft ein kurzer zeitlicher Abstand oder der Blick einer anderen Person.
  • Streiche Füllwörter. Sie bieten keinen inhaltlichen Nutzen und blähen den Text nur unnötig auf (z. B. auch, ja, nämlich, etwa, halt).

 

Das wissenschaftliche Schreiben erscheint vielleicht anfangs etwas ungewohnt und schwer. Dann hilft es, wenn Du einfach drauflos schreibst. So kann zunächst Dein fachliches Wissen fließen. Jeder Text muss sowieso überarbeitet werden.

 

Beim Überarbeiten suchst Du nach:

  • Hypotaxen (= Schachtelsätzen). Löse sie möglichst auf.
  • Ich-Formen und konvertierst diese in neutrale Formen.
  • Gedankensprüngen.
  • plötzlichen Themenwechseln.
  • Füllwörtern. Streiche sie möglichst.
  • umgangssprachlichen Wörtern und Formulierungen. (Stichwort: man)
  • Übertreibungen.
  • Verallgemeinerungen.
  • persönlichen Wertungen.
  • inflationär gebrauchten Fachwörtern. Kannst Du das einfacher ausdrücken?
  • Wortwiederholungen. Suche möglichst Synonyme, es sei denn, es handelt sich um Fachbegriffe, für die es keine Alternative  gibt. Pass bei Paraphrasen auf, dass Du nicht zufällig das gleiche Wort benutzt, wie deine Quelle.
  • Substantivierungen. Prüfe, ob diese an der Stelle hilfreich sind oder den Lesefluss stören.
  • Passivkonstruktionen, die an der Stelle aktiv ausgedrückt werden können.

Danach suchst Du entweder selbst nach Rechtschreib- und Grammatikfehlern (wenn Du das nicht beim Überarbeiten schon getan hast) oder lässt jemand anderen korrigieren. Wenn du sichergehen möchtest, dann übergibst du deinen Text einem Profi. Dadurch bekommst du nicht nur Feedback zum aktuellen Text, sondern lernst auch etwas für die kommenden Arbeiten.

 

 

Vergiss nicht: Hausarbeiten geben Dozenten nicht nur auf, weil sie Abend- und Wochenendbeschäftigung brauchen, sondern auch, weil du daran das wissenschaftliche Arbeiten üben kannst. Sie bereiten Dich auf die Bachelorarbeit vor. Spätestens dann solltest Du Deinen wissenschaftlichen Schreibstil gefestigt haben. Auf dem Weg dahin kannst Du jede Hilfe nutzen, die sich Dir bietet.

Wie kann ich Dir helfen? Melde Dich gern bei mir.